70 Jahre LandFrauenVerein Eutin
Am 08. Juli 2016 wurde unser Eutiner LandFrauenVerein 70 Jahre. Wir feierten diesen Geburtstag in der Orangerie des Eutiner Schlosses, im Rahmen der Landesgartenschau.
Nach der Begrüßung und den Grußworten erzählten LandFrauen von den Anfängen und besonderen Erlebnissen in unserem Verein. Diese Veranstaltung wurde musikalisch umrahmt. Unser Imbiss war ein kulinarischer Genuss. Zum Abschluss sangen wir gemeinsam das Schleswig-Holstein-Lied.
Es war eine besinnliche Geburtstagsfeier mit vielen Höhepunkten, die in den folgenden Berichten genau beschrieben werden.
Lotte Schmidt
Erster LandFrauenverein wird 70
„Mit Fohrrad und ohn Strümp“ zu den ersten Treffen
Seinen 70. Geburtstag feierte der LandFrauenverein Eutin in derOrangerie auf dem Gelände der Landesgartenschau. Er ist der ersteZusammenschluss von LandFrauen in Schleswig-Holstein, der nachdem Zweiten Weltkrieg gegründet wurde, damals streng überwachtvon einem weiblichen britischen Offizier. An diese und viele andereBegebenheiten aus sieben Jahrzehnten wurde bei der Festveranstaltung am vergangenen Freitag auf unterhaltsame Weise erinnert.
Am 9. April 1946 gehörte Eutin noch zur damaligen britischen Besatzungszone, die neben Schleswig-Holstein die heutigen Bundesländer Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie die beiden Hansestädte Hamburg und Bremen umfasste. In der Zeit der Not und
des Neubeginns nach dem Zweiten Weltkrieg hatten Elsa Brede aus
Barkau und Freya Domes von der Landwirtschaftsschule Eutin den
LFV Eutin gegründet. „Man traf sich in privaten Küchen und Lokalen
und tauschte sich über Möglichkeiten aus, die Höfe besser zu bewirtschaften, die Ernährung zu sichern und den Mangel zu verwalten“, zitierte Lotte Schmidt, die den Verein heute im Dreierteam zusammen mit Brigitte Schmidt-Künzel und Anke Möller leitet. Sie hatte sich schon vor einigen Jahren mit der ehemaligen Geschäftsführerin und Zeitzeugin Irmgard Thiele (1922-2014)
unterhalten. Zudem las sie bei der Festveranstaltung op Platt aus den
Erinnerungen von Marie Klüver aus Geschendorf vor, die unter anderem
schrieb, dass die meisten Frauen „mit Fohrrad und ohn Strümp“
zu den ersten Treffen kamen.
Eine bewegte Geschichte hat auch der herrschaftliche Ort der Festveranstaltung, die Orangerie. Das einstige „Feigenhaus“ bot nicht nur bis zu 370 Pflanzen Platz, sondern war auch Opern- und Komödienhaus, so Festrednerin Karin Schiro. 1750 wurde der gesamte Bestand, darunter neben Orangenbäumen auch Bananen-, Kaffee- und Ananaspflanzen, nach Sankt Petersburg verkauft. Zehn Jahre später hatte die Orangerie wieder reichlich Pflanzen. Musikalisch begleitet wurde die Veranstaltung von Stephan Scheja und Lene Krämer (li.).
Die Fotoschau, die den Gästen der Festveranstaltung gezeigt wurde, inspirierte Erika Lenz, die den Verein16 Jahre geführt hatte, zu einigen Anekdoten. Sie berichtete von Modenschauen mit LandFrauenmodels im Schloss Salzau, die „der Renner“ waren, von Besuch im europäischen Parlament in Straßburg, vom Ernteball zum 40-jährigen Bestehen des Vereins, bei dem LandFrauen aus dem Verein bei selbst geschrieben Sketchen das erste Mal auf der Bühne standen, oder von herrlich heißen Sommertage auf Langeland. Ihr Fazit: „Mit LandFrauen kann man einfach alles schaffen und machen. Und deshalb wird sich der LandFrauenverein auch künftig weiterentwickeln.“
Dass der Eutiner LandFrauenverein schon immer mit der Zeit gegegangen sei, das bestätigte Gundula Kröger-Gamst, die dritte LandFrau, die in der Orangerie aus der Geschichte berichtete. Sie war 21 Jahre im Vorstand und seit 1995 Vorsitzende des Vereins. Sei es vor einigen Jahren noch PowerPoint gewesen gewesen, mit dem sich die LandFrauen beschäftigten, seien sie heute ganz modern mit Whatsapp unterwegs.
Klaus-Dieter Schulz, Bürgermeister der Stadt Eutin, bescheinigte den LandFrauen einen bemerkenswerten Weg. „Sie scheinen immer jünger zu werden, wenn man hört, mit welchen Themen Sie sich beschäftigen“, sagte er in seinem Grußwort.
Dass der LandFrauenverein genauso jung wie der Bikini sei, das
merkte Sylke Messer-Radtke aus dem Präsidium des LandFrauenverbandes Schleswig-Holstein an. Der Landesverband hat zumindest aus historischer Sicht gegenüber dem Verein Eutin das Nachsehen, denn
er feiert erst im kommenden Jahr seinen 70. Geburtstag.
Die drei LandFrauen Erika Lenz, Lotte Schmidt und Gundula Kröger-Gamst (v. li.) berichteten vor den 90 Gästen der Festveranstaltung in der Orangerie aus der Geschichte des Vereins. Im historischen Ambiente des Küchengartens der Eutiner Residenz stießen die LandFrauen anschließend auf „flotte 70 Vereinsjahre“ an.
Bericht u. Fotos: Kathrin Iselt-Segert
„Ohn Strümp“
Gedanken zum Gründungsjahr des LandFrauenvereins Eutin von Marie Klüver aus Gleschendorf
Wenn een von uns Geburtsdag hett, denn is datt doch so; irgendwann an denn Dag kiekt he torüch. So wiet as man sik besinnen kann. Und wenn he een Minsch is, mitn Hard in Liev, denn denkt he ok an de erste Stünn. He weet se sülm nich. Öwer de steiht vör emm, de em geborn hett, sin Mudder.
Wie hier fiert hüt Geburtsdag. De Landfrauenverein Eutin hett vör 35 Johr datt Licht von de Welt erblickt. Dorüm kiekt wie op dissen Dag torüch. Wie kiekt öwer all dat henweg, watt wör un köm. Wie seht ok de, de em int Leben ropen hett, de Mudder Fru Brede. Viellich segg ich ok, wie seht veele Mudders.
Op den Gedanken, een Verein to gründen, köm wie bi Fru Lehmann Boben-Steenrad. Bit dullsten Regen, to Foot, op Rad, mit Peerd und Wagen köen wie dor an, klöter natt, as son Katt. Wie lachen uns an, keen en nöm de Lag tragisch. Dor seen wie, datt mutt doch gohn, datt een Verein to stann kümmt, na und so wär dat denn ok.
Gott sei Dank – oder schall ik seggen leider. Hebbt wie vergeeten, we dat eegentlich vör 35 Jahr wer. Ick will datt ganz kort int Gedächtnis torüch ropen.
De Krieg wer verlorn. De meisten Lüd leven op Korten för Tüch, Strümp, Fleesch und Bodder, dat is lögenhaft to vertelln, aber wohr. De Normalverbraucher kreeg 50 gr Bodder in Monat. De Bäcker verköff Maisbrot, de Schlachter kokt Brühe, un so man to.
Ja, dat weer schlimm. Öwer datt allerschlimmste weer düt; dat Leben in Dörp weer so ganz anners worn. In jedes Hus weern Flüchtlinge. Minschen de ut ehr Heimat verdrewen wiern.
De meisten arm assn Kirchenmuus. Wie sülben weern mit 28 Mann op uns lütt Burstell.
Hüt vör 35 Johr wör denn uns Landfrun-Verein gründt. Jeder een köm in datt, watt he grad har. Kann ween, de Mantel all 10 Johr olt, de Schoh harrn Reesters. De Melodie von de Kessler Zwillinge: „Nur die“, de wie noch nich sungen. Wie harrn gor ken Strümp, wie weern barfoot in de Schoh.
Und as de Verein nun gründt weer, door güng wie an de Arbeit. Jedereen hölpt mit sien Gaav. Wo ans man Koken backen kunn, mit Gries, Mehl, beeten Fett und Eetlöpel vull Zucker.
Een anner müss wiesen, wie een Goos richtig utnutzt wör. Dor wör beschnackt, wie de Konfirmatschon fiert waarn kunn, wie een Gemüseplatt garniert wör. Ganz kott, all datt wör behandelt, watt von een ordentliche Husfru und Mudder verlangt wör.
Fru Domes von de Landwirtschaft-School hett uns ümmer tru bistahn. Mit Fohrrad köm se angesust, de Isenbahn föhr nich un Auto harrn wie nich. Un Spass harr see an ehr Arbeit bi uns, dor köm se so.
So kömen denn ümmer mehr to uns. De Frau von de Domäne ut Ostpreußen, see schannier sick, datt see keen Strümp an harr, ick seeg, kiekt see mal ünnern Disch, wie harrn meiß all keen an. Och jo, segg see, denn komm ick wer.
Wenn wie hüt trück kiekt, wo schön wer datt doch, mit all uns Sorgen kömen wie an und hörn wie anner Fruns ok Sorgen harrn, denn wär’n wie still und dachen, wie geiht die datt got. Jede Versammlung und Utflug hett uns veel Kraft und Seegen mit nah Hus geben.
Hoch und sied an een Disch, jung und olt, ostpreußisch und pommersch, schwäbisch und plattdütsch in een Saal. All Fruns, op dat een bedacht, dat Wesen von ehr Heimat hochtoholn. Von Dütschland to retten, wat noch to retten wer.
Von dat Erntedankfest 1947 in Gleschendörp kann ick veel vertelln. Ich will dat nich, dat betröpt mi sülben mit. An den Dag speel sick veel af op uns Hofstell.
Wat de Landfrauenverein in düsse 35 Jahr bewiest hett, datt mag een anner beter seggen.
Ick will blot datt seggen, dat hept wie gern dahn, - Wie hept datt dahn, - nich um Ehr und Lohn. – Wie hept datt dahn – ut Leev.
Eutiner Landfrauen sind flotte 70 Jahre alt
Am 9. April 1946, in der „Zeit der Not und des Neubeginns“, wie Lotte Schmidt als eine der drei Vorsitzenden berichtete, manifestierten entschlossene Landfrauen ihren Zusammenhalt in der Gründung des Eutiner Landfrauenvereines. Es war der erste Zusammenschluss dieser Art nach dem Zweiten Weltkrieg in der britischen Besatzungszone und er wurde unter den wachsamen Augen einer britischen Offizierin vollzogen. Der Rückblick auf die ersten Jahre, als man sich auf den Dörfern traf, gehörte zu den bewegenden Momenten der fröhlichen Jubiläumsfeier, mit der der Eutiner Ortsverein den runden Geburtstag am Freitagabend in der Orangerie beging. Mit Holz, Torf, Kohle und Selbstgebackenem kamen die Frauen einst zusammen, schon damals, um einander zu helfen, miteinander zu lernen und zu feiern.
Ein Rückblick in Bildern, der parallel zu Grußworten und Ansprachen auf großer Leinwand lief, drehte für manche unter den 90 geladenen Gästen das Rad der Zeit noch einmal zurück. In welchem Maße die Landfrauen über die eigenen Reihen hinaus in die Gesellschaft hineinwirken, bildeten die Grußworte von Bürgermeister Klaus-Dieter Schulz und stellvertretender Bürgervorsteherin Margret Möller ab, die neben den offiziellen auch persönliche Erinnerungen mit den Frauen verbinden. Propst Peter Barz überbrachte das Bibelwort: „Du wirst sein wie ein bewässerter Garten.“ und LGS-Geschäftsführer Martin Klehs bedankte sich für das Engagement auf der Gartenschau, wo die Landfrauen mit Schaukochen und Bienenwiese fester Bestandteil sind. Für den Landesverband Schleswig-Holstein gab Sylke Messer-Radtke einen Überblick über die gesellschaftspolitische Arbeit in den Fachkreisen, die Eutiner Ehrenvorsitzenden Erika Lenz und Gundula Kröger-Gamst plauderten mit Esprit aus dem Nähkästchen.
Den Blick auf Kommendes lenkte die Kreisvorsitzende Else von Ludowig: Abendveranstaltungen für berufstätige Frauen, Brunch am Sonnabend und als „persönliche Lieblingsidee“, wie sie verriet, eine „lange Nacht der Landfrauen“ seien mögliche Wege in die Zukunft: „Das Ziel ist neue Mitglieder zu werben und sei erleben zu lassen, dass es eine persönliche Bereicherung ist, Landfrau zu sein.“
Die Musik kam ebenfalls von einer starken Frau: Lene Krämer sang auf dem schönen Fest, für dessen Organisation gilt, was die Gleschendorfer Landfrau Marie Klüver schon 1981 zum 35jährigen Bestehen sagte: Nicht für Ehre oder Lohn habe man für die Landfrauen gewirkt, sondern: „Wi hebbt dat daun ut Leev.“
Im Zeichen der Biene – Eutiner Landfrauen feiern ihr Jubiläum
Diese Lebendigkeit werden die LandFrauen am kommenden Freitag, 8. Juli, mit geladenen Gästen in der Orangerie im Eutiner Schlossgarten feiern. Für die Planung des festlichen Ereignisses und für die Organisation der Aktivitäten, mit denen sich die Landfrauen auf der Landesgartenschau und zum Landesgeburtstag im Oktober einbringen, hatte sich der amtierende Vorstand mit Brigitte Schmidt, Anke Möller und Lotte Schmidt für ein zusätzliches Jahr zur Verfügung gestellt. Intern aber sind die Weichen auf einen Generationswechsel gestellt, dafür hat das Führungsteam mit Umsicht gesorgt: Die 54jährige Kasseedorferin Kerstin Reinhardt wurde Anfang des Jahres zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt mit dem Ziel, das Ruder im kommenden Jahr zu übernehmen.
Und auch Katrin Möller kann sich gut vorstellen, als Beisitzerin im Vorstand mitzuarbeiten. Die 39jährige ist quasi mit den Landfrauen groß geworden: Ihre Mutter Anke Möller ist seit 35 Jahren im Verein aktiv, seit 20 Jahren engagiert sie sich im Vorstand. Entsprechend weit reicht die erste Erinnerung der Tochter an die Landfrauen zurück: „Die Landfrauen hatten ein Theaterstück einstudiert: ‚Des Kaisers neue Kleider‘ und ich spielte als Neun-oder Zehnjährige das Kind, das den Nackten entlarvt“ erzählt sie. Später half sie mit, wenn die Mutter Unterstützung brauchte.
Ein Selbstläufer war ihre Mitgliedschaft trotzdem nicht. Ganz bewusst entschied die berufstätige junge Mutter vor drei Jahren, den „Eutiner Landfrauen“ beizutreten: „Es gab das Angebot, ein beitragsfreies Schnupperjahr mitzumachen. Das habe ich genutzt und anschließend stand fest: Ich bleibe dabei!“ Was den Ausschlag gegeben hat, ist schnell erklärt: „Es gibt viele spannende Angebote, aus denen ich auswähle, was mich besonders interessiert. Das können Vorträge sein, aber auch Fahrten, zum Beispiel zum Weihnachtsmarkt“, sagt Katrin Möller. Noch ist sie die Jüngste, aber sie rührt die Werbetrommel, damit das nicht so bleibt: „Ich mache das auch schon auf der Arbeit schmackhaft!“ berichtet sie schmunzelnd. Dass die Resonanz durchaus positiv ausfällt, liegt neben dem Programm auch daran, dass die „Landfrauen“ längst in den Städten angekommen sind: „Der weitaus größte Teil unserer Mitglieder kommt aus Eutin, nur noch eine gute Handvoll hat tatsächlich einen Hof zu bewirtschaften“, beschreibt Anke Möller die Vereinsstruktur. Für diesen Wandel stehen der Slogan „Tradition mit frischem Wind“ und das neugestaltete Bienen-Logo „StadtLandFrau“ - und junge Gesichter wie das von Katrin Möller.
Text und Foto: Astrid Jabs
Freitag, 08. Juli 2016
70. Jahre LandFrauenVerein Eutin
17.00 Uhr in der Orangerie des Eutiner Schlosses im Rahmen der Landesgartenschau
Programm
Begrüßung
Brigitte Schmidt, Vorstand LFV-Eutin
Grußworte
Sylke Messer-Radtke, LandFrauenVerband Schleswig-Holstein
Else von Ludowig, KreisLandFrauenVerband Ostholstein
Klaus-Dieter Schulz, Bürgermeister der Stadt Eutin
Martin Klehs, Geschäftsführer der Landesgartenschau
Landfrauen erzählen:
Lotte Schmidt, Vorstand LFV-Eutin
Erika Lenz, Ehrenvorsitzende des LFV-Eutin
Gundula Kröger-Gamst, Ehrenvorsitzende des LFV-Eutin
Festvortrag
„Geschichte und Geschichten der Orangerie“ Karin Schiro
Imbiss
„Geburtstags-Snack für fleißige Bienen“
Schlussworte
Anke Möller, Vorstand LFV-Eutin
Schleswig-Holstein-Lied
Musikalische Umrahmung:
Lene Krämer, Gesang
Stephan Scheja, Klavier